Nachdem die ganze Gemeinde Essen und viele auswärtige Freunde und Gönner des Essener Jubelschützenfestes, das auch als schönstes Fest in der damals noch nicht ganz 1000-jährigen Geschichte des Ortes bezeichnet wurde, gefeiert hatten, folgten für den Schützenverein wieder ruhigere, aber auch fruchtbare Jahre. In dieser Zeit von 1952 bis 1956 wurde der Neubau der Schützenhalle, getrennt vom Schießstand, durch ein großes Maß an ehrenamtlicher und freiwilliger Leistung und Zeit vollendet.
Die aus der damaligen Zeit erstmals chronologisch erhaltenen Sitzungsprotokolle künden allerdings auch vom unseligen Streit des Vereins mit der Gemeinde Essen, der vorübergehend sogar zu der Beschlagnahme des gesamten Vereinsvermögens führte. Nach Beilegung dieser Streitigkeiten hat es dann in neuerer Zeit immer ein recht gutes Verhältnis zwischen dem Verein und der politischen Führung der Gemeinde gegeben. Die Abhaltung der Schützenfeste wurde allerdings hiervon nicht berührt, auch wenn gravierende Änderungen den Ablauf grundlegend verändern sollten.
"Es war im Jahre 1955, als König Hugo I. mit seiner Königin Maria Apke regierte. Da erging das Wort unseres damaligen Hauptmanns Josef Tiemann an seine Schützen Kompanie, die inzwischen eine stattliche Anzahl von Schützen aufzuweisen hatte, diese in einzelne Züge aufzuteilen, um sich gegenseitig anzufeuern und das Leben innerhalb unseres Vereins reger und lebendiger zu gestalten."
Auch wenn heute die strenge Zuteilung der Schützen zu den Zuggebieten nicht mehr die Bedeutung hat und die Zugehörigkeit zu einem der vier Züge bei vielen Schützenbrüdern mehr durch persönliche Bindungen und Kontakte, als letztlich durch den Wohnort innerhalb der Gemeinde bestimmt wird, ist die damals festgelegte Aufteilung gemäß Satzung und Statuten weiterhin in Kraft. Diese Aufteilung sah vor, dass immer ein Teil des Ortskerns mit den dazu passenden Bauerschaften zusammen einen Zug bilden sollten.
I. Zug: Essen-Lange Str. Nord, Löninger Str., Sandloh, Ahausen, Herbergen.
II. Zug: Essen Lange Str. Süd, Brook, Brokstreek, Hengelage.
III. Zug: Essen Wilhelmstr., Rote-Asche-Weg, Achterort, Felde, Bartmannsholte.
IV. Zug: Essen Peterstr., Kirchplatz, Ostendorfe, Hülsenmoor, Uptloh.
So feierte der Schützenverein im Jahre 1956 das erste Mal in seiner Geschichte das Schützenfest zwar in "althergebrachter Weise", aber nicht als eine Kompanie, sondern in vier Zügen.
Weiterhin wurde in einer Vorstandssitzung im Jahre 1956 beschlossen, den I. Vorsitzenden von nun an als Präsidenten des Vereins zu führen. Des Weiteren beschloss man nunmehr, aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation des Vereins, die Rückzahlung der für den Platzankauf ausgegebenen Anteilsscheine an die Schützenbrüder.
Erstmals fand auf der seit 1946 eingeführten Position des Oberschießmeisters ein Wechsel statt. Im Jahre 1956 löste Hans Flebbe den amtierenden Alois Flebbe ab. Des Weiteren wurde ab 1957 das erste Mal der Posten des Leiters der Kinderkommission besetzt, und zwar mit Bernd Diekgers. Die beiden Amtsinhaber gehörten aber nicht zum Vorstand des Vereins. Dies wurde erst viele Jahre später entschieden. So gehörte der Oberschießmeister erst ab 1974 und der Vorsitzende der Kinderkommission ab 1989 dem Vorstand an.
Die Einweihung der zu großen Teilen durch die Firma Ostendarp erstellten neuen Schützenhalle wurde im Mai 1956 mit einem großen Fest gefeiert.
Das im Jahre 1957 durch den Vorstand zugelassene Böllern während des Schützenfestes ist allerdings in den Folgejahren wieder in Vergessenheit geraten.
Nicht zuletzt durch den hohen persönlichen Einsatz des Schützenbruders Gerhard Vorwold, der in der Tradition der militärischen Werber in der Gemeinde Essen für den Verein neue Mitglieder anwarb, erreichte die Mitgliederzahl im Jahre 1959 nahezu 400 Schützen.
Zu vermelden ist aus dieser Zeit noch der Beschluss, das Schützenfest von nun an (1958) immer am Wochenende nach Pfingsten zu begehen. In der Generalversammlung 1960 wollte der Verein den langjährigen ranghöchsten Offizier Josef Tiemann aufgrund seiner besonderen Verdienste zum Oberst befördern, dieser lehnte die Beförderung aber dankend ab. Bemerkenswert ist zu damaliger Zeit der Beschluss der Generalversammlung "keine weiteren Frauen" in den Verein aufzunehmen. Traditionell waren die Vereinswirtinnen des Vereinslokals und der Zuglokale immer Mitgliederinnen im Verein. Weitere Frauen wollte man aber nicht dulden.
Die Überlassung des Schützenplatzes an den BV Essen wurde bereits im Jahre 1957 beschlossen und zeugt von dem einvernehmlichen Nebeneinander der Vereine in der Gemeinde. Eine vielfältige sportliche Nutzung ist bis heute auf "Dieckhaus Höhe" zu verzeichnen. Allerdings wurden Planungen über die Errichtung einer Badeanstalt auf dem Areal des Schützenplatzes 1961 ganz schnell wieder in die Schublade gelegt.
Der Rücktritt des höchsten Offiziers, Hauptmann Josef Tiemann, im Jahre 1962, brachte einen tiefen Einschnitt in die Vereinsgeschichte. Immerhin hatte Josef Tiemann mit 43 Amtsjahren diesen Posten fast ein halbes Jahrhundert bekleidet und dem Verein seinen Stempel aufgedrückt. Hoch zu Ross war er viele Jahre seiner Kompanie voran geritten. Die Befehlsgewalt wurde auf Oberleutnant Heinrich Vogel übertragen. Da Josef Tiemann auch das Amt des Vizepräsidenten inne hatte, mussten auf der Generalversammlung Anfang 1963 beide Ämter neu besetzt werden. Heinrich Vogel wurde in beide Ämter gewählt. Zu seiner Entlastung ernannte man Hans Neteler zum Fähnrich. Josef Tiemann erhielt wenig später seine Ernennung zum Ehrenhauptmann des Essener Schützenvereins.
Der Schützenbruder Gerhard Vorwold, der sich als Werber und "Geldeintreiber" über viele Jahre um den Verein verdient gemacht hatte, wurde 1963 zum Ehrenmitglied ernannt. Seine bisherige Tätigkeit übernahmen die Schützenbrüder Bernhard Rump und Bernhard Kramer. Zur damaligen Zeit, als bargeldloser Zahlungsverkehr und Bankeinzug noch Neuland waren und OnlineBanking nur in Zukunftsromanen vorkam, war die Bedeutung dieser Posten nicht hoch genug einzustufen. Der Jahresbeitrag lag damals bei 5.00 DM, wurde aber schon 1965 auf 6.00 DM angehoben.
Durch eine Schenkung des Schützenbruders Meyering erhielt der Verein Anfang der 60er Jahre sogar eine eigene Kutsche, ebenso bekamen die Kinder auf Beschluss des erweiterten Vorstandes ab 1962 eine eigene Fahne. Der Antrag auf Aufstellung eines eigenes Zuges für das Hülsenmoor wurde allerdings in der Generalversammlung 1962 abgelehnt.
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aus: Schützenverein für die Gemeinde Essen e.V. 1852 - 2002;
Verlag: Friedr. Schmücker, 49624 Löningen, 2002; S. 77ff